Alfa Romeo 166:Das Geheimnis der Reisemaschine

Lesezeit: 3 min

Der große Alfa hat kleine Änderungen erfahren. Und bleibt doch im besten Sinne, was er war.

Johannes Riegsinger

Machen wir uns nichts vor: Dieses Auto ist ein ganz schön alter Hund. Da können die Alfa-Leute lange vom "neuen 166" erzählen: Es geht hier im Wesentlichen um eine frische Nase an einem mehr als fünf Jahre alten Auto.

Schlank, mit stolzer Schnauze und maskuliner Motorhaube: Alfa 166 (Foto: Foto: Alfa Romeo)

Damit haben wir allerdings aus zwei wesentlichen Gründen kein sportliches Problem. Erstens: Es ist eine schöne Nase. Zusammen mit den notwendigen Linienanpassungen um die nun wesentlich bulligere Front herum geht das Scharf-Windhundhafte des "alten Alfa 166" zwar verloren, wir sehen jetzt allerdings ein Automobil von geradezu lyrischer Schönheit vor uns.

Zweitens: Bereits der Vorgänger war nicht nur ein wunderschönes, sondern auch ein emotional sensationell gutes Auto. Und da der "neue 166" diese Tradition eher verstärkt denn verwässert, werden die wesentlich moderneren Konkurrenten des Alfa 166 wieder in schöner Regelmäßigkeit eingetütet. Ablage: "technisch perfekte Langeweiler"

Mitten in die Autoseele

Vielleicht liegt das Geheimnis des Alfa 166 - von Erfolgsgeheimnis kann bei einem homöopathischen Marktanteil in Deutschland allerdings keine Rede sein - in der klassisch hingebungsvollen Autobegeisterung seiner italienischen Väter. Kaum ein Wort über Elektronik, Beinfreiheit, Kofferraum; stattdessen Sportlichkeit, Eleganz und Lederziernähte. Nicht unsympathisch trifft das unsere Autoseele.

Und der Alfa 166 verströmt genau diese Hingabe an die traditionellen Werte in großen Dosen. Alleine, wie er dasteht: schlank, mit stolzer Schnauze, muskulöser Motorhaube, dem unnachahmlichen Konvex-Konkav-Spiel in den Flanken, mit der coupéhaften Dachlinie und einem der schönsten Limousinenhecks der jüngeren Automobilgeschichte.

Und fahren tut er ebenso. Drahtig, feurig, sensibel. Sie haben jetzt ja auch am Fahrwerk gearbeitet. Mehr Komfort war angestrebt und gleichzeitig mehr Sportlichkeit. Das sagt Mercedes übrigens auch immer.

Bei Alfa kommt dann aber keine Sänfte mit Dynamik durch einen elektronisch in die Breite gedengelten Grenzbereich heraus, sondern ein Auto, das nach Kurven regelrecht lechzt und sich selbst beim Geradeausfahren stets die innere Spannung anmerken lässt. Komfort? Selbstverständlich. Und er ist besser als beim Vorgänger.

Dezenz und frühe Neunziger

Wir haben ja alle ein Stück Autobahn, das im Rückspiegel aussieht wie eine Treppe und sich im Hosenboden anfühlt wie die alte BRD-Berlin-Transit. Dort hat der alte 166 mit der Vorderachse getanzt, dass es einem die Brille von der Nase prügelte. Der neue 166 macht das nur noch ganz dezent. Man soll schließlich auch noch mit verbundenen Augen sagen können: oh, ein Alfa. Auf ebener Fahrbahn belohnt der 166 seine Insassen dafür mit seidigem Abrollverhalten, das nie ins Dumpfe abdriftet.

Im Innenraum sieht man dem 166 seine Jahre freilich an. Die Mittelkonsole, die Materialien, die Funktionalität - das ist definitiv frühe Neunziger. Wohlfühlen ist trotzdem möglich, die Abmessungen stimmen auch für Großgewachsene, die Ergonomie passt immer noch, und wem die Atmosphäre des betont sportlichen Cockpits doch zu sehr nach gespartem Geld ausschaut, der kann nun aus eigener Brieftasche nachhelfen: Als Extra ist eine Sonderausstattung zu haben, die selbst die Armaturentafel mit Leder überzieht.

Üppige Motorenpalette

Außer den neu strukturierten Ausstattungslinien und der aufgewerteten Sicherheitsausstattung wird auch die Motorenpalette erweitert und modernisiert: Einstiegsmotorisierung ist der drehfreudige Zweiliter-Vierzylinder, der temperamentvolle 110 kW (150 PS) an die Vorderachse sendet, zwei bereits bekannte V-6-Motoren mit 2,5 Liter und 3,0 Liter Hubraum (188 PS / 220 PS) machen die starke Mitte aus, und mit dem 176 kW (240 PS) starken 3,2-Liter-V-6 wird das Angebot an überzeugenden Benzinmotoren nach oben hin abgerundet.

Besonders die Topversion ist ein echtes Juwel. Während der starke V-6 in den GTA-Modellen der kleineren Alfa 156 und 147 stets etwas überkandidelt daherkommt, wirkt er im Alfa 166 erst richtig homogen. Strenger Abzug aus dem Drehzahlkeller, eine sämige Mitte voller Verheißungen, perlende Drehfreude und über allem sechsstimmige, geschmeidige Bläsersätze. Passt hervorragend zu der stürmischen Reisemaschine.

's kann auch gedieselt werden

Auch der Erkenntnis, dass in dieser Klasse bevorzugt Dieselmotoren gekauft werden, trägt Alfa Rechnung und stellt dem bekannten 150-PS-Fünfzylinder einen 129 kW (175 PS) starken Fünfzylinder desselben Hubraums (2,4 Liter), aber mit doppelter Ventilanzahl (20 V), zur Seite.

Besonders in Verbindung mit der neuen adaptiven Fünfgang-Automatik spielt dieser knurrende Drehmoment-Bär seine Stärken überaus lässig aus. Kerniger Durchzug, ein emotional wie objektiv überzeugender Kompromiss aus Laufkultur und Motorenerlebnis, geringer Verbrauch.

Egal, wie. Der Alfa 166 ist zurück in der Zukunft - und hoffentlich nicht teurer als der alte.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: