Asien-Politik:Baerbock warnt vor China

Asien-Politik: Warnende Worte: Außenministerin Annalena Baerbock wünscht sich mehr Vorsicht im Umgang mit China.

Warnende Worte: Außenministerin Annalena Baerbock wünscht sich mehr Vorsicht im Umgang mit China.

(Foto: Michal Dyjuk/AP)

Die Außenministerin will sich nicht von der Volksrepublik abhängig machen. Bundeskanzler Scholz spricht sich gegen eine Abschottung aus.

Von Daniel Brössler, Paul-Anton Krüger und Nicolas Richter, Berlin

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat zu mehr Vorsicht im Umgang mit China aufgerufen. "Wir müssen unsere politischen, aber vor allem wirtschaftlichen Beziehungen an dem China ausrichten, wie es heute ist", forderte sie in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Als Lehre aus den Fehlern der Russland-Politik müsse gelten, "dass wir uns von keinem Land mehr existenziell abhängig machen, das unsere Werte nicht teilt". Damit schlug Baerbock einen deutlich anderen Ton an als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der Anfang November China besuchen will. "Wir müssen uns nicht von einigen Ländern abkoppeln, müssen Geschäfte mit Einzelnen - ich sage ausdrücklich: auch Geschäfte mit China - weiter machen", hatte Scholz am Dienstag beim Branchenverband des Maschinenbaus (VDMA) betont.

"Komplette wirtschaftliche Abhängigkeit basierend auf dem Prinzip Hoffnung macht uns politisch erpressbar. Diesen Fehler dürfen wir- diesmal gegen besseres Wissen - nicht ein zweites Mal machen", sagte Baerbock. China schotte sich von der Welt ab, drohe mit militärischem Vorgehen gegen Taiwan und versuche, anstelle internationaler Normen seine eigenen Regeln zu setzen. "Das heißt nicht komplette Abkopplung, was bei einem der größten Länder nicht geht. Aber Erschließung alternativer Märkte im asiatischen Raum, Diversifizierung und Risikomanagement", hob sie hervor.

Auch die USA wollen ihre Politik künftig stärker auf China ausrichten, wie aus der neuen Sicherheitsstrategie Washingtons hervorgeht, die am Mittwoch vorgestellt wurde. Demnach ist Peking langfristig ein schärferer Rivale für die USA als Russland.

Scholz hatte zwar dazu aufgerufen, "das übrige Asien mit in den Blick" zu nehmen, dennoch werden erhebliche Meinungsunterschiede in der Ampelkoalition deutlich. So äußerte sich Baerbock äußert skeptisch zu der vom chinesischen Cosco-Konzern angestrebten Beteiligung an einem Containerterminal des Hamburger Hafens. "Der Hamburger Hafen ist ja nicht irgendein Hafen, sondern einer der Schlüsselhäfen nicht nur für uns als Exportnation, sondern für Europa insgesamt", sagte Baerbock. "Wir müssen uns bei jeder Investition in deutsche kritische Infrastruktur fragen, was das in jenem Moment bedeuten könnte, in dem sich China gegen uns als Demokratie und Wertegemeinschaft stellen würde", warnte sie. In anderen Ländern erlebe man, was es bedeute, wenn China kritische Infrastruktur auch nur teilweise besitze. Das Kanzleramt hat sich bisher nicht gegen die Investition positioniert. Der Hamburger Hafen geht davon aus, dass die Bundesregierung das Geschäft nicht stoppen wird.

SPD, Grüne und FDP hatten sich im Koalitionsvertrag auf die Erarbeitung einer neuen China-Strategie verständigt, "um in der systemischen Rivalität mit China unsere Werte und Interessen verwirklichen zu können". Einig sei man sich, "dass wir unsere Verwundbarkeit drastisch reduzieren müssen", sagte Baerbock. Kritik von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, sie solle sich im Ukraine-Krieg stärker für eine Verhandlungslösung mit Russland einsetzen, wies sie zurück. "Seit dem 24. Februar tut die halbe Welt nichts anderes, als durch gemeinsame Initiativen Putin von diesem furchtbaren Krieg abzubringen", betonte sie. "Das sollte auch der SPD-Fraktionsvorsitzende mitbekommen haben", fügte sie hinzu. Die Realität sei: "Die Antwort des russischen Präsidenten auf jedes unserer Gesprächsangebote ist immer nur mehr Gewalt."

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