Serien des Monats November:Am meisten gruselt das Menschliche

Lesezeit: 3 min

Die Windsors sind zurück, ebenso Wednesday aus der Addams Family. Außerdem feinste Horrorgeschichten: Empfehlungen der Redaktion.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

The Crown

Krisensitzung bei den Windsors. (Foto: Netflix)

Was passiert: Die Windsors sind in der fünften Staffel in den Neunzigern angekommen, einem der katastrophalsten Jahrzehnte in der jüngeren Geschichte des britischen Königshauses. Die Ehe von Charles und Diana liegt in Trümmern, Schloss Windsor brennt, und dufte finden die Briten die Monarchie auch nicht mehr. Und dann greift Thronfolger Charles auch noch unstatthaft nach der Krone.

Heimlicher Star: Prinzessin Margaret, großartig gespielt von Lesley Manville. Die jüngere Schwester von Elizabeth II. bleibt sich und ihrem trockenen Humor mit größter Eleganz treu. Tränenmoment: der letzte Tanz mit Peter Townsend (Timothy Dalton), ihrer großen Liebe, die sie nie heiraten durfte.

Nicht geeignet für: Faktenchecker. The Crown nimmt sich viele Freiheiten - und keiner der Darsteller wird einen Ähnlichkeitswettbewerb mit den echten Royals gewinnen. Claudia Fromme

Zehn Folgen, auf Netflix.

Souls

Kaum wiederzuerkennen: Allie (Julia Koschitz, mit Laurence Rupp als Leo). (Foto: Nik Konietzny/Sky Deutschland)

Was passiert: Eine deutsche Mystery-Serie im erfreulich undeutschen Düster-Look. Drei Frauen, drei Zeitebenen, ein Ereignis, das alle verbindet. In der Gegenwart behauptet der 14-jährige Sohn einer alleinerziehenden Mutter, er habe schon einmal gelebt und sei der Pilot eines abgestürzten Fliegers. In der Vergangenheit durchlebt die schwangere Frau dieses Piloten den Tag des Abschieds wieder und wieder. In der Zukunft begibt sich die nun erwachsene Tochter dieser Frau in eine dubiose Sekte, die an Seelenwanderung glaubt und unschöne "Rückführungen" macht.

Heimlicher Star: Die mit Lockenblondschopf und Quirltemperament kaum wiederzuerkennende Julia Koschitz als Allie. Sie spielt auf allen drei Zeitebenen eine Rolle und altert um 25 Jahre.

Nicht geeignet für: Menschen, für die es zwischen Himmel und Erde nichts weiter gibt, als ihre Schulweisheit sich träumen lässt. Christine Dössel

Acht Folgen, auf Sky.

Cabinet of Curiosities

Daphne Hoskins als Epperley Gilman und Rupert Grint als Walter Gilman. (Foto: Ken Woroner/Netflix)

Was passiert: Acht Folgen feinster Horrorgeschichten. Mit seinem Kuriositätenkabinett präsentiert der mexikanische Regisseur Guillermo del Toro Aliens, die sich in menschliche Körper einnisten. Einen gierigen Army-Veteran, der von Dämonen heimgesucht wird, und eine Reise in das Reich der Toten. Und wie so oft ist es am Ende das Menschliche in den Geschichten, was die Zuschauer zum Gruseln bringt.

Heimlicher Star: Kate Micucci schafft es als Stacey Chapman in der Folge "Das Äußere", den Zuschauer gebannt mit durch ihre Verwandlung zu nehmen.

Nicht geeignet für: Schwache Mägen. Manche der Szenen sind so detailliert, dass selbst Fans des Horrorgenres wegschauen müssen. Sina-Maria Schweikle

Acht Folgen, auf Netflix.

Wednesday

Jenna Ortega als Wednesday Addams. (Foto: VLAD CIOPLEA/NETFLIX)

Was passiert: Die wunderliche Wednesday, die Tochter von Morticia und Gomez Addams, hat das an ihrem kleinen Bruder Pugsley verübte Mobbing mit einer Tüte Piranhas im High-School-Schwimmbecken gerächt und wird nun auf das Internat verfrachtet, auf dem sich ihre Eltern kennengelernt haben. Das ist spezialisiert auf Kinder, die noch viel wunderlicher sind als die in Hogwarts. Wednesday teilt ihr Zimmer mit einer kleinen, blonden Werwölfin mit Pink-Fimmel und betätigt sich bald als Detektivin, als eine Mordserie das kleine Kaff in der Nähe erschüttert.

Heimlicher Star: Der sogenannte "Subplot": Wednesday ist nur an der Oberfläche eine Mystery-Serie, im Herzen handelt die Serie aber von der gespaltenen amerikanischen Gesellschaft.

Nicht geeignet für: Fans der guten alten Addams-Family-Serie von 1964. Susan Vahabzadeh

Acht Folgen, auf Netflix.

Safe

Fröhlich berichtet Ronja (Lotte Shirin Keiling, r.) "ihrer" Frau Engels (Judith Bohle, l.) von der Geburtstagseinladung. (Foto: ZDF und Julia von Vietinghoff)

Was passiert: Zwei Kinder und zwei Jugendliche werden abwechselnd in einer Berliner psychotherapeutischen Praxis behandelt. Oscar-Gewinnerin Caroline Link, die auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, konzentriert sich in ihrer ersten Dramaserie in einer betont sachlichen Atmosphäre auf die Therapiegespräche und die Suche nach dem richtigen Ton im Umgang mit den jungen Patientinnen und Patienten. Die Darsteller, Links Schauspielführung und ihre fabelhaften Dialoge zwischen Schnoddrigkeit und Verletzlichkeit machen die Serie so sehenswert.

Heimlicher Star: Lotte Shirin Keiling als sechsjährige Ronja, bei der unter anderem eine Störung des Sozialverhaltens diagnostiziert wird.

Nicht geeignet für: Menschen, die psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen nicht wahrhaben wollen. Harald Hordych

Acht Folgen, auf ZDF Neo oder in der Mediathek .

Naked

Meems Lutman (10) aus Toronto wurde als Mädchen geboren, merkt aber schon früh, dass das eigene biologische Geschlecht nicht mit der eigenen Identität übereinstimmt. (Foto: 2825772 Ontario Inc./ZDF)

Was passiert: Die Doku-Reihe Naked hat sich nicht weniger vorgenommen als die Neuvermessung geschlechtlicher Identität. Die Serie zeigt Männer, die lernen zu weinen, ein Kind, das ein Junge werden will, und sie beleuchtet, warum Frauen-Bildung die Wirtschaft stärkt. Gänzlich unverkrampft und frech im Ton behandelt die Arte-Serie Kontroversen, die humorvoll gegeneinandergeschnitten sind.

Heimlicher Star: Die Kinder im Abspann. Die reden ganz abgeklärt über die Tragbarkeit der Farbe Pink, ob sie gerne mal das Geschlecht wechseln würden und wer eigentlich die Welt regiert (Gott, Mama, der König).

Nicht geeignet für: Menschen, die Kontroversen im Gender-Kontext nicht ertragen. Lilly Brosowsky

Sechs Folgen, in der Arte-Mediathek .

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