Deutsche Staatsangehörigkeit:FDP stellt sich gegen SPD-Pläne zur Einbürgerung

Deutsche Staatsangehörigkeit: Vor allem wer gut integriert ist, soll bessere Chancen bekommen, Deutsche oder Deutscher zu werden - so plant es Innenministerin Nancy Faeser.

Vor allem wer gut integriert ist, soll bessere Chancen bekommen, Deutsche oder Deutscher zu werden - so plant es Innenministerin Nancy Faeser.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Innenministerin Faeser will gut integrierten Menschen schneller die deutsche Staatsangehörigkeit anbieten. Die CDU fürchtet "sozialen Sprengstoff", nun kritisiert auch der Koalitionspartner FDP den Reformvorschlag der Innenministerin als zu früh.

Die Kritik an den Plänen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für eine beschleunigte Einbürgerung kommt nicht nur aus der Opposition, sondern auch vom Koalitionspartner FDP. "Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für eine Vereinfachung des Staatsbürgerschaftsrechts", sagt FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der Rheinischen Post. "Es gibt bisher keinerlei Fortschritte bei der Rückführung und Bekämpfung der illegalen Migration." Die Verleihung der Staatsangehörigkeit sei das Ergebnis einer gelungenen Integration in die deutsche Gesellschaft. "Sie darf nicht am Anfang des Integrationsprozesses stehen."

SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass Ausländer in Deutschland leichter eine deutsche Staatsangehörigkeit erhalten können. Faeser treibt das Thema nun voran. Ein Gesetzentwurf ihres Ministeriums, über den die SZ zuerst berichtet hatte, sieht vor, dass vor allem Menschen, die bereits mehrere Jahre hierzulande leben, leichter deutsche Staatsbürger werden können. Statt wie bislang nach acht Jahren soll man künftig bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland die Staatsbürgerschaft erhalten können. Bei "besonderen Integrationsleistungen" soll dies sogar schon nach drei Jahren möglich werden - etwa wenn Einwanderer besondere schulische oder berufliche Leistungen oder ehrenamtliches Engagement gezeigt haben oder über besonders gute Sprachkenntnisse verfügen.

Merz will "Einwanderung in Sozialsysteme" verhindern

CDU-Chef Friedrich Merz äußerte sich ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" skeptisch: "Die deutsche Staatsbürgerschaft ist etwas sehr Wertvolles, und damit muss man behutsam umgehen." Doppelte Staatsangehörigkeiten sollten nicht der Regelfall, sondern der Ausnahmefall sein. Im internationalen Vergleich habe Deutschland bereits ein sehr modernes Einwanderungsrecht. Wenn das Ziel der Koalition eine Einwanderung in die Sozialsysteme sei, müsse dies verhindert werden. "Dann werden wir dem natürlich nicht zustimmen."

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der Bild: "Die deutsche Staatsbürgerschaft zu verramschen, fördert nicht die Integration, sondern bezweckt geradezu das Gegenteil und wird zusätzliche Pull-Effekte bei der illegalen Migration auslösen." Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Innenexperte Stefan Heck sprach von einer "inflationären Vergabe deutscher Pässe", die "enormen sozialen Sprengstoff" berge. Faeser müsse die Pläne stoppen, forderte er.

Auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl nannte Faesers Vorschlag zutiefst fragwürdig. "Die Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut, etwas, das am Ende eines Integrationsprozesses steht, ein klares Bekenntnis zum deutschen Staat und seinen Werten", sagte der CDU-Landesvorsitzende.

Scholz: Deutschland braucht bessere Regelungen für die Einbürgerung

Faeser verteidigte die Pläne in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel: Die Bundesregierung passe das Recht an die Lebenswirklichkeit vieler Menschen an. "Viele Menschen mit Einwanderungsgeschichte fühlen sich als Deutsche, wollen aber den Bezug zu ihrem Herkunftsland nicht komplett kappen. Ihre Identität hat mehr als eine einzige Zugehörigkeit", schreibt sie.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte in einer Videobotschaft, Deutschland brauche "bessere Regelungen" für die Einbürgerung. Mit Blick auf die Menschen, die in den vergangenen Jahrzehnten nach Deutschland gekommen sind, sagte er: "Manche leben hier schon sehr, sehr lange und haben Kinder und Enkel. Und deshalb ist es sehr gut, wenn diejenigen, die so lange bei uns leben, sich auch dafür entscheiden, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben."

Die Türkische Gemeinde findet Faesers Vorhaben gut. Die Initiative sei ein "Paradigmenwechsel", sagte der Vorsitzende Gökay Sofuoğlu dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht entspricht nicht mehr der Realität unserer Tage; es muss von Grund auf angepackt werden", sagt er. Es gehe auch darum, eine gewisse Gleichstellung zu erreichen und damit mehr Menschen politische Partizipation zu ermöglichen.

Grüne werfen Union "verstaubtes Weltbild" vor

Die Grünen sehen die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts als überfällig an. Dies sei "Ausdruck eines modernen Einwanderungslandes", so Filiz Polat, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion. Was hier nach Jahren der Blockade durch die Union im Bund aufzuholen sei, sei massiv. "Das verstaubte Weltbild der Union hinkt der gesellschaftlichen Realität und einer modernen Gesellschaft hinterher", sagte Polat.

Stephan Thomae, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, kritisierte die Union ebenfalls für ihre Äußerungen. Sie verkenne nach wie vor, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei. Es sei schlicht falsch, dass das neue Staatsangehörigkeitsrecht keine Anreize zur Integration setze, denn genau das Gegenteil sei der Fall.

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