Formel 1:Trocken, halbtrocken, nass - Verstappen ist immer vorne

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Trophäe Nummer sechs in dieser Saison: Max Verstappen hat in Monaco erneut gezeigt, wie enorm sein Selbstbewusstsein ist. (Foto: Remko de Waal/ANP/Imago)

Beim Großen Preis von Monaco zeigt Max Verstappen erneut, wie schwer es auch in dieser Saison werden wird, ihn zu besiegen. Sein Vorsprung auf die Konkurrenz ist enorm - doch die bekam im Fürstentum ungewohnte Einblicke.

Von Anna Dreher, Monte-Carlo

Vor dem Großen Preis von Monaco hatte noch Hoffnung bestanden, dass es diesmal anders laufen könnte. Weil dieser Kurs am Hafen und zwischen den Häuserschluchten entlang so eigen ist. Langsamer vor allem als alle anderen Stopps im Kalender der Formel 1, ohne lange Hochgeschwindigkeitstrasse. Aber am Ende triumphierte doch wieder jenes Team, das auch die fünf vorherigen Rennen in dieser Saison gewonnen hat: Red Bull, in diesem Jahrzehnt Dauersieger in Monte-Carlo, mit Weltmeister Max Verstappen am Steuer.

Es ist noch kein Drittel der Saison absolviert, passieren kann also noch jede Menge. Aber dass die auch in diesem Jahr so überragende Konstruktion von Designer Adrian Newey wieder nicht bezwingbar war, wird die Ernüchterung bei der Konkurrenz verstärkt haben - wie auch den Eindruck, dass nach 2021 und 2022 der Titel erneut an den britisch-österreichischen Rennstall überreicht werden dürfte, höchstwahrscheinlich wieder an Verstappen. Der Niederländer führt die Gesamtwertung nun mit 144 Punkten vor seinem Teamkollegen Sergio Pérez (105) an, dessen Rückstand sich in dieser Woche um 25 Zähler vergrößert hat, nachdem er nur als 16. ins Ziel kam. Vergangenes Jahr hatte der Mexikaner hier gewonnen.

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Beim vierten Stopp in Baku hatte Rennsieger Pérez seine Position als höchstwahrscheinlich größter WM-Konkurrent untermauert. Aber dann kam Miami, wo Verstappen von Startplatz neun zum Sieg durchrauschte und bewies, was er vorher bekundet hatte: dass er sich stets für unschlagbar halte. Im Fürstentum unterstrich der 25-Jährige seinen Status als Nummer eins. Wie sehr er dominierte, zeigt der Blick auf die Ergebnisliste: Auf Fernando Alonso im Aston Martin hatte er 27 Sekunden Vorsprung. Dass Esteban Ocon (Alpine) Dritter vor den beiden stark überarbeiteten Mercedes von Lewis Hamilton und George Russell wurde, überraschte und brachte dann doch Abwechslung rein. Allzu oft wird der Franzose aber dieses Jahr nicht zu Gast in der erlauchten Runde auf dem Podium sein. Dahinter landete Charles Leclerc (Ferrari), der weiter vergeblich auf einen Erfolg bei seinem Heimrennen warten muss. Der Deutsche Nico Hülkenberg wurde 17. im Haas.

"Max war einfach schneller als wir", erkennt der Zweitplatzierte Alonso an

Verstappen ist jetzt zum erfolgreichsten Red-Bull-Pilot aufgestiegen. Mit 39 Siegen für dieses Team hat der zweimalige Champion den viermaligen Weltmeister Sebastian Vettel überholt, der in Monaco als Motorsport-Rentner dem Fahrerlager einen Besuch abgestattet hatte. "Wenn du für eine Weile ein gutes Auto hast, weißt du, dass du diese Rekorde brechen kannst", sagte Verstappen, als er hochzufrieden auf dem weißen Sofa bei der Pressekonferenz zwischen Alonso und Ocon saß. "Als ich aufgewachsen bin, wollte ich Formel-1-Fahrer werden. Jetzt diese ganzen Rennen zu gewinnen, ist großartig, besser, als ich es mir je vorgestellt habe."

Am ehesten war Alonso zugetraut worden, das Erreichen dieser Bestmarke aufschieben zu können. In fünf von sechs Rennen hat der 41 Jahre alte Spanier eine Trophäe überreicht bekommen, viermal als Dritter, nun als Zweiter, sein schlechtestes Ergebnis war Platz vier in Baku. Es ist sein stärkstes Jahr seit Langem. Und der AMR23 ist konkurrenzfähig. Doch an der Côte d'Azur musste Alonso anerkennen: "Wir hatten keine Chance, um ehrlich zu sein." Aston Martin habe eine mutige Strategie gewählt, mit der länger haltbaren harten statt wie Verstappen mit der mittleren Reifenmischung ins Rennen zu gehen. Alles oder nichts habe das Motto gelautet. Aber: "Max war einfach schneller als wir."

Was nur ist das Geheimnis dieses Autos? Das wüsste die Konkurrenz nur zu gerne. (Foto: Andy Hone/Motorsport Images/Imago)

Verstappen baute am Pfingstsonntag gleich nach dem Start seinen Vorsprung aus in einem Rennen, das während etwa zwei Drittel seiner 78 Runden einer Prozession glich, bevor es zur Schlitterpartie wurde, weil es so stark regnete. Mit kleineren Unfällen, veränderten Positionen und Leitplanken-Berührungen erhöhte sich der Unterhaltungsfaktor deutlich. Auch der RB19 rutschte ordentlich über den Asphalt, aber Verstappen hatte Glück und behielt die Kontrolle. "Ein bisschen war es ein schwerer Tag im Nassen, aber auch ein ziemlich unterhaltsamer", befand er.

Wie enorm sein Selbstvertrauen ist und wie grandios ihm das Auto liegen muss, hatte sich in der überaus spannenden Qualifikation noch deutlicher gezeigt. In der letzten Minute hatte Alonso um 0,022 Sekunden Leclerc im Kampf um die Pole Position geschlagen. Schon das war eindrücklich. Verstappen hatte einen letzten Versuch - und hielt dem enormen Druck stand: Er unterbot die Zeit um 84 Tausendstel. "Max war unter allen Bedingungen - trocken, halbtrocken, extrem Wasser - immer Herr der Lage, hat das Tempo souverän kontrolliert", sagte Helmut Marko, Motorsportberater von Red Bull. "Eine unglaubliche Leistung."

Die Konkurrenz wüsste natürlich gerne, wie Red Bull es angestellt hat, im zweiten Jahr der aerodynamischen Regeländerung erneut so ein Wunderwerk der Technik auf die Räder zu schrauben. Der RB19 liegt tief, ist dennoch ruhig und schnell. Auch diesbezüglich war der Samstag spannend gewesen: Nachdem Sergio Pérez einen Unfall gebaut hatte (deshalb musste er von Platz 20 mit bescheidenen Aussichten starten), wurde sein Wagen - wie der frisch überarbeitete W14 vom ebenfalls gecrashten Lewis Hamilton - von einem Kran beim Abtransport hoch in die Luft gezogen. Das gab den Blick frei auf Bereiche, die der Öffentlichkeit sonst verborgen sind und bleiben sollen.

Wie die am Unterboden verlaufenden, für den Gesamtabtrieb und die Performance entscheidenden Luftkanäle gestaltet sind, gehört zu den wohlgehüteten Geheimnissen jedes Teams. Nun konnte alles wunderbar betrachtet, fotografiert und von den Aerodynamikern analysiert werden. Nur braucht es dann für die ideale Mischung ja noch einen extrem nervenstarken Fahrer. Und in Barcelona, wo am Sonntag das nächste Rennen stattfindet, gelang Red Bull vergangenes Jahr ein Doppelerfolg. Max Verstappen gewann vor Sergio Pérez.

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