Essen in Italien:Pasta und basta!

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Nicht original: Spaghetti würde man in Italien nur in Touristenlokalen mit Hackfleisch-Tomaten-Soße servieren. (Foto: imago classic/imago images/Panthermedia)

In Italien wurde das offizielle Rezept für Bolognese-Soße erstmals nach 40 Jahren geändert. Aber welche Zutaten sind bei dem Pasta-Klassiker offiziell erlaubt - und welche verboten?

Von Titus Arnu

Die Bolognese-Soße teilt ein ähnliches Schicksal wie der Song "Yesterday" von den Beatles: weltweit bekannt und beliebt, tausendfach durchgenudelt und neu interpretiert - und dabei leider oft grausam verschandelt. Die Tomaten-Hackfleisch-Soße gibt es in fürchterlichen Coverversionen mit Sahne, Curry und Zimt, mit Ketchup oder sogar mit Instant-Kaffeepulver (das verleiht dem Gericht laut einer Fitnesszeitschrift angeblich "geschmackliche Tiefe"). Andere Hackfleisch-Life-Hacks bringen Schokolade, Koriander und gegrillte Paprika ins Spiel, um das Gericht aufzupeppen.

Spaghetti Bolognese mit Kaffee und Koriander? Italienische Feinschmecker bekommen allein von der Vorstellung, so etwas Seltsames essen zu müssen, eine mittelschwere Magenverstimmung. Spaghetti würde man in Italien sowieso nie mit Hackfleisch-Tomaten-Soße servieren. Ragù, wie die Fleischsoße im Original heißt, isst man mit Tagliatelle oder Fettuccine, also langen, flachen Eierbandnudeln, die stückige Soßen besser aufnehmen. Rosmarin, Oregano und Chili als Gewürze? Mamma mia! Bloß nicht. Selbst die Verwendung von Knoblauch im Ragù alla Bolognese ist umstritten. Nun wurde das offizielle Rezept für den Klassiker zum ersten Mal seit 40 Jahren geändert - auf die Gefahr hin, dass die Gemüter hochkochen.

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Essen ist in Italien so wichtig für die Kultur und das Selbstverständnis der Menschen, dass die Haltung zu vielen Rezepten recht orthodox ausfällt. Spaghetti Cacio e Pepe mit Parmesan? Pfui, dazu gehört Pecorino. Pasta mit Lachs und Käse? Geht gar nicht. Carbonara mit Sahne? Todsünde! Über die Reinheit der Rezepte wacht in Italien eine staatliche Instanz, die Accademia Italiana della Cucina, die es sich nach eigenen Angaben zum Ziel gesetzt hat, "die Traditionen der italienischen Küche und Tischkultur zu bewahren und an die folgenden Generationen weiterzugeben". Fast 3000 Rezepte original-italienischer Gerichte sind dort gelistet, von Abbacchio al forno (Milchlamm) bis Zuppa Valpellinese (Brotsuppe mit Kraut und Käse).

Auch das offizielle Rezept für Ragù classico Bolognese findet sich in dem Koch-Kanon. Es wurde im Jahr 1982 notariell beglaubigt und bei der Handelskammer von Bologna hinterlegt, seitdem blieb es unverändert. Nun hat die Akademie es leicht an den Zeitgeist angepasst. "In 40 Jahren hat sich die Küche verändert, und was damals gut war, entspricht vielleicht nicht mehr dem Geschmack von heute", erklärt Roberto Ariani, Generalsekretär der Akademie. Für die Gastronomie in Bologna sei dies "ein historischer Tag". Allerdings auch ein Schock für Hackfleisch-Hardliner.

Laut dem ursprünglichen Rezept durfte für die Bolognese-Soße nämlich nur Kronfleisch vom Rind verwendet werden, das ist Muskelfleisch aus dem Zwerchfell. Künftig ist auch Rinderhack oder gemischtes Hack aus Rind und Schwein erlaubt. Statt selbstgekochter Rinderbrühe dürfen jetzt auch Gemüsebrühe oder sogar Brühwürfel verwendet werden, "sofern sie von ausgezeichneter Qualität" sind. Weiterhin verboten sind Kalbfleisch oder reines Schweinefleisch, geräucherter Speck, Knoblauch, Rosmarin, Petersilie und andere Gewürze außer Salz und Pfeffer. Mehl zum Andicken der Soße ist sowieso tabu. Um das Gericht zu modernisieren, hat der Studienausschuss der Akademie mehr als 50 Rezepte von Gastronomen und Familien gesammelt und analysiert. Dennoch hieß es bei der Vorstellung: "Es gibt wohl einige Dinge, die Traditionalisten entsetzen werden."

Für ein korrektes Ragù alla Bolognese (sechs Portionen) schwitzt man 150 Gramm gewürfelten Pancetta in einer großen gusseisernen Pfanne mit drei Esslöffeln Olivenöl an. Fein gehacktes Gemüse (jeweils 60 Gramm Zwiebel, Sellerie und Karotte) dazugeben und andünsten, bis die Zwiebeln glasig sind. 400 Gramm Hackfleisch mitbrutzeln lassen, bis es braun ist. Mit einem Glas Rotwein ablöschen, wenn der Wein verdampft ist, einen Esslöffel Tomatenmark und 200 Gramm geschälte Tomaten dazugeben. Unter ständigem Rühren eine Tasse kochende Brühe hinzufügen und zugedeckt etwa zwei bis drei Stunden köcheln lassen. Am Schluss mit Salz und Pfeffer abschmecken. Von Instantkaffee und Schokolade ist keine Rede, aber zur Anreicherung der Soße dürfen laut Accademia Italiana della Cucina neuerdings auch Hühnerleber, Salsiccia, gekochte Erbsen und Pilze verwendet werden. Total verrückt, aber trotzdem: buon appetito!

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