Reaktion auf US-Präsident:FBI-Direktor hält Trumps Abhörvorwürfe für falsch

Lesezeit: 3 min

  • FBI-Chef James Comey fordert das US-Justizministerium auf, die Abhörvorwürfe des US-Präsidenten gegen seinen Amtsvorgänger Obama zu dementieren.
  • Comey sagte, es gebe "keine Beweise" für die Anschuldigungen Trumps, der ihn im Amt bestätigt hat.
  • Einem Zeitungsbericht zufolge schäumt Trump vor Wut darüber, dass immer wieder sensible Informationen aus der Regierung an die Öffentlichkeit gelangen.

Von Matthias Kolb, Washington

Der Chef der US-Bundespolizei FBI, James Comey, hält die Spitzel-Vorwürfe von US-Präsident Donald Trump gegen seinen Vorgänger Barack Obama für unbegründet und hat deswegen bereits am Samstag das Justizministerium um eine öffentliche Richtigstellung gebeten. Wie die New York Times meldete, forderte Comey das Ministerium dazu auf, Trumps per Twitter verbreitete Behauptungen als "falsch" zu bezeichnen.

Der Bericht der New York Times (NYT), die sich auf ranghohe Behördenvertreter beruft, wurde unter anderem von der Washington Post und dem Radiosender NPR bestätigt. Bisher hat sich das Justizministerium nicht geäußert; auch Anfragen an das FBI blieben unbeantwortet.

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Laut NYT bat Comey um die Stellungnahme, weil es "keinen Beweis" für die Anschuldigungen gebe, die Vorwürfe jedoch den Eindruck erweckten, dass das FBI "das Gesetz gebrochen hat". Um einen Präsidentschaftskandidaten abhören zu lassen, muss ein FBI-Mitarbeiter nach geltenden Gesetzen einen Bundesrichter davon überzeugen, dass die Person "ein Agent eines ausländischen Staates" sei - für diese Klassifizierung reichen wirkliche oder vermutete Gespräche mit einem Botschafter nicht aus.

Nach einem Sprecher von Ex-Präsident Obama ("weder er noch Mitarbeiter des Weißen Hauses haben so etwas angeordnet") widersprach auch der ehemalige Geheimdienstdirektor James Clapper den Anschuldigungen Trumps. Er sagte in der Talkshow "Meet the Press", dass er "mit absoluter Sicherheit" informiert worden wäre, wenn ein Präsidentschaftskandidat oder dessen Kampagne abgehört worden wäre. Der Geheimdienstausschuss im Repräsentantenhaus will trotzdem Trumps Forderung nachkommen und untersuchen, ob die Obama-Regierung ihre Befugnisse missbraucht habe.

Brisante Lage für FBI-Chef Comey

Der vom Demokraten Obama ernannte FBI-Chef befindet sich in einer auf vielen Ebenen komplizierten Situation. Einerseits stellt sich Comey direkt gegen Donald Trump, der ihn im Amt bestätigt hat und wirft dem US-Präsidenten vor, der Glaubwürdigkeit des FBI zu schaden. Andererseits wird in Washington schon gefragt, wieso Comey nicht selbst an die Öffentlichkeit geht und Trumps Aussagen zurückweist. "Kein Gesetz verbietet ihm das", schreibt die NYT.

Viele Demokraten sind ohnehin stinksauer auf Comey und werfen ihm vor, durch einige öffentliche Aussagen (und manches Schweigen) den Ausgang der US-Wahl beeinflusst zu haben. Comey hatte im Juli 2016 eine Anklage gegen Hillary Clinton abgelehnt, aber der Demokratin "extrem fahrlässiges Verhalten" im Umgang mit ihren E-Mails attestiert. Wenige Tage vor der Wahl hatte Comey den Kongress über neue Ermittlungen zu Clintons E-Mail-Server informiert und so das heikle Thema zurück in die Schlagzeilen gebracht.

Ob dies wirklich zu Clintons Niederlage führte, ist umstritten. Progressive Amerikaner klagen zudem, dass Comey die Wähler nicht über FBI-Recherchen zu Kontakten von Trumps Mitarbeitern zu Russland informiert zu haben. Die Fragen, ob wirklich jemand Gespräche im Trump Tower abgehört hat und welche Verbindungen es zwischen der Trump-Kampagne und Moskau gab, werden weiterhin viel diskutiert werden.

Dass das US-Justizministerium auf Comeys Bitte nicht reagiert, kann auch einen anderen Grund haben: Es gibt dort momentan wenige hochrangige Mitarbeiter, die vom Senat bestätigt wurden. Minister Jeff Sessions hatte am Donnerstag erklärt, sich nicht in Ermittlungen zur Causa Russland einzumischen - schließlich hatte er unter Eid falsche Angaben zu seinen Gesprächen mit Moskaus Botschafter gemacht.

Es war genau jene Enthüllung über Sessions' Gespräche mit dem russischen Top-Diplomaten, die das Narrativ einer für Trump an sich positiven Woche änderte. Vergessen war seine Rede vor dem Kongress, nun ging es in den Medien wieder um die angeblichen Russland-Connections und das so wahrgenommene Chaos im Weißen Haus. Dorthin ist der US-Präsident nach seinem Abstecher nach Florida zurückgekehrt - und laut Washington Post schäumt er vor Wut.

Die Reporter der Washington Post haben nach eigenen Angaben mit 17 Leuten aus Trumps Umfeld gesprochen. Demnach ärgert sich der Präsident etwa darüber, dass ihn Republikaner-Politiker wie Floridas Senator Marco Rubio nicht ausreichend verteidigen würden. Mit deutlichen Worten umschrieb der konservative Medienunternehmer Christopher Ruddy Trumps Stimmung: "Er war wirklich angepisst. So sauer habe ich ihn noch nie gesehen."

Offenbar ärgert sich der Republikaner weiter über die schlechte Presse und Berichte, wonach Obama zu Beginn seiner Amtszeit 2009 sehr viel mehr in gleicher Zeit erledigt habe. Ihn und sein Team macht es wütend, dass es permanent zu "Leaks" kommt: Interne Papiere werden ebenso publik wie Schilderungen aus eigentlich privaten Diskussionen. Gerade Trumps Chefberater Steve Bannon ist offenbar überzeugt, dass in Ministerien und Geheimdiensten ein deep state existiere, der Trump verachte und seine Präsidentschaft durch gezielte Enthüllungen torpediere.

Themen der Woche: Neues Einreisedekret und Russland-Komplex

Nach übereinstimmenden Medienberichten wird im Weißen Haus fieberhaft am überarbeiteten Präsidialdekret zum Einreisestopp gearbeitet - dessen erste Version hatte sich gegen die Bürger von sieben mehrheitlich muslimischen Staaten gerichtet und war von einem Bundesgericht in San Francisco für rechtswidrig erklärt worden. Der neue Erlass könnte schon an diesem Montag präsentiert werden und die mediale Aufmerksamkeit wieder etwas verschieben.

Allerdings hat Trump durch seine samstäglichen Tweets und harschen Vorwürfe gegen Obama selbst dafür gesorgt, dass er das Thema "Welche Rolle spielte Moskau bei der Wahl und wer von Trumps Leuten redete wann mit Russlands Abgesandten?" nicht los wird. Der Wutausbruch von diesem Wochenende wird nicht der letzte bleiben.

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